Mercedes
C-Klasse (1993-2001)
Der
geht reißend weg
Statussymbole
haben ihren Preis. Das gilt auch für die Mercedes
C-Klasse. Neu ist sie für viele Gehaltsempfänger
schlichtweg unerschwinglich. Das spricht für einen Gebrauchten.
Aber auch der Verstand fragt sich: Warum eigentlich nicht einen
bewährten W 202 nehmen? Der kannte noch keinen Elektronikärger
wie in den aktuellen Modellen.
Schon optisch erinnert der
Einsteiger-Benz an vergangene mercedes-Herrlichkeit,
der Stern auf der Motorhaube ist aus der Fahrerposition noch
vollständig sichtbar, und auch das Stufenheck entzieht sich
nicht dem Blickfeld. Drinnen empfangen den Fahrer das typische
Willkommen-zu-Hause-Gefühl hinter dem riesigen Lenkrad und auf
breiten, bequemen sowie vielfach verstellbaren Sitzen. Aber nur wenig
Schalter und Knöpfe. Denn die Serienausstattung war karg im W
202.
Selbst
elektrische Fensterheber vorn kosteten bis zum großen Facelift
im Mai 1997 Aufpreis, und eine serienmäßige, manuelle
Klimaanlage gab es ab Anfang 1998 nur für die Sechszylinder. Für
die Klimaautomatik verlangte Mercedes bis zu 3500 Mark – schon
deshalb ist sie kaum anzutreffen.
Doch
die Stärken der alten C-Klasse liegen sowieso in anderen
Bereichen. Es ist ihre Robustheit, die Taxiunternehmer noch heute
schwärmen lassen. Antrieb undFahrwerk
verdauen höchste Kilometerleistungen, typische Schwachstellen
kündigen sich lange vor dem endgültigen Ausfall an und
verlangen nur kurze Werkstattaufenthalte. Eine davon ist das Differenzial,
das abhängig von Lauf- und Motorleistung so ab 150.000
Kilometern dezent zu wimmern beginnt und spätestens dann auch
einen neuen Dichtring am Kardanwellenflansch zum Stoppen des
Ölverlusts benötigt.
An der Welle selber lockern
sich die eingepreßten Buchsen der vorderen, seltener der
hinteren Hardyscheiben. Spürbar wird dies an harten Lastewechselschlägen
während der Probefahrt
und lästigen Klötergeräuschen beim Rollen mit
herausgenommenem Gang. Übrigens leben die Hardyscheiben
erheblich länger, wenn sie mit einem Automatikgetriebe
zusammenarbeiten.
Leider
erlauben sich die ansonsten unbedingt empfehlenswerten
Fünfgang-Automaten (ab 8/95, vorher Viergang) im Baujahr 1998
einen Durchhänger. Fast alle imAuto
BILD-Kummerkasten registrierten Automatik-Defekte datieren aus diesem
Jahrgang. Fast schon klassisch ein weiterer Mercedes-Mangel im
Kummerkasten: das Zündschloß. Tip: Auswechseln, wenn es zu
haken beginnt. Und nicht erst dann, wenn der Schlüssel endgültig
feststeckt.
Seit
jeher ein Symbol für Langlebigkeit: die Mercedes Dieselmotoren.
In der C-Klasse gilt dieser Mythos jedoch nicht uneingeschränkt.
Unzerstörbar ist nur der bereits 1995 wieder eingestellte
Zweiliter mit mageren 75 PS. Der ungleich drehfreudigere 220er mit 95
PS hat dagegen oft Probleme mit der Einspritzpumpe oder abvibrierten
Einspritzleitungen. Und auch die ab Ende 1997 angebotenen, in der
Käufergunst weit vorn liegenden CDI-Modelle
mit 102 und 125 PS leiden unter Unregelmäßigkeiten an
Hochdruckpumpe, Einspritzdüsen und Druckregler.
Bleibt
als Geheimtip der C 250 Turbodiesel,
der sich abgesehen von seltenen Turbodefekten nichts zuschulden
kommen läßt und mit 150 PS Chef der Diesel-C-Klassen ist.
Auf der Benziner-Seite kommt diese Rolle dem C 280 zu, der zwar nicht
oft, dann aber überraschend günstig angeboten wird. Wer
schon ordentlich Schadenfreiheitsrabatt angehäuft hat, erlebt
mit so einem Sechszylinder
ungleich mehr Fahrspaß als im geringfügig billigeren, aber
auch relativ reizlosen C 180.
Sorgen
wegen der Mechanik sind übrigens unnötig, sämtliche
Benziner im W 202 funktionieren betont unauffällig. Allerdings
teilen sich Diesel und Ottos einen gewissen Hang zu Lichtmaschinendefekten,
wie der ADAC vermeldet. Auch der Rost macht keine Unterschiede vor
der Kraftstoffsorte. Weiter eint beide, in seltenen Fällen, eine
Störung im Hauptstromkabel, das von der Batterie im Kofferraum
nach vorn zum Anlasser führt. Und natürlich die oft
überzogenen Preisvorstellungen der privaten Verkäufer.
Dieses Phänomen betrifft alle Mercedes-Baureihen: Wer
zwecks Preisfindung den Gebrauchtwagenmarkt bei autobild.de
durchsucht, wird feststellen, daß die günstigsten Offerten
oft von Händlern stammen. Privatleute scheinen noch die
Garagenmiete während der Haltedauer auf den Listenpreis
aufschlagen zu wollen. Wenn die C-Klasse aber reißenden Absatz
finden soll, muß der Preis stimmen – wofür das breite
Angebot sorgt.
Modellgeschichte
5/93
Einführung der C-Klasse als Nachfolger des Mercedes 190. Motoren
von 75 bis 193PS, ABS
und Airbag
Serie 8/94
Beifahrer-Airbag serienmäßig 8/95
Leichtes Facelift, hochwertigere Polster und Hölzer, Einführung
Fünfgang-Automatikgetriebe 3/96
Vorstellung des Kombimodells 7/96
Modellpflege, verbesserte Ausstattung 4/98
Einführung CDI-Motoren,
zunächst als 220er mit 125 PS 3/00
Modellwechsel bei der Limousine, 1/01
beim Kombi
Schwachstellen
• Ausgleichsgetriebe der Hinterachse neigt zum Jaulen und zu
Ölverlust am Kardanwellenflansch, seltener auch an den
Abtriebsflanschen • Einspritzanlage der 220er-Diesel ist
defektanfällig, auch frühe CDI
neigen zu defekten Pumpen, Injektoren, Druckreglern sowie
durchgebrannten Zylinderkopfdichtungen
• Korrosion an Türrahmen, unter Schutz- und Griffleisten und
an Federaufnahmen nagt nicht nur am Blech, sondern auch am Image.
Mercedes beseitigt den Gammel kostenlos • Fahrwerk
ist verglichen mit Mitbewerbern sehr solide, zeigt aber gelegentlich
Schwächen an Lenkgestänge, Lenkungsdämpfer und
Querlenkerbuchsen. In seltenen Fällen zeigt auch das
Lenkgetriebe Spiel
Fazit
"Auch
von der älteren C-Klasse der Baujahre 1993 bis 2001 absolvieren
deutlich mehr Fahrzeuge die HU ohne Mängel als beim Durchschnitt
aller geprüften Modelle